Ruth Weber
Über die Künstlerin
geboren in Düsseldorf
1970-78 Studium an der Kunstakademie Düsseldorf
bei Joseph Beuys, Meisterschülerin, und Erwin Heerich
Studium der Kunstwissenschaft an der Kunstakademie Düsseldof
Studium der Germanistik an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
1986 Auffindung der Zahl 23 im Traum
1991 Gründung von THE FAKE´S PROGRESS mit Louis Blank, ihrem Alter Ego;
Beginn der Sammlung zur Zahl 23
seit 1993 Aufbau einer mineralogischen Sammlung,
Studien zur Geologie, Mineralogie, Paläontologie, Astronomie
1993-99 Mitglied der Redaktion der Malkastenblätter
des Künstlerverein Malkasten Düsseldorf
1998 Fund eines Rutilkristalls auf dem Albrunpass/CH,
Initiationsstein zur Systematisierung der mineralogischen Sammlung
und Aufbau einer Datenbank
1999 Aufbau einer Kunstkammer mit Mineralien, Plastiken aus Keramik,
Wachs, Pappmaché und gefundenen Objekten
seit 2003 Beginn einer Rheingeröllesammlung
seit 2012 Beginn der Sammlung von Schiffsnamen an KM 742 des Rheins
2015 Uraufführung „Von Steinen spreche ich“, ein Film über die
Sammlerin Ruth Weber von Margit Bauer, Filmwerkstatt Düsseldorf
2016 bis heute Arbeit an Sockeln
aus Keramik, Bronze, Pappmaché und objèts trouvés
seit 2017 Ruth23Weber-Blog über Kunst und Natur
und Beobachtungen des Alltags (zusammen mit Louis Blank)
2021 „Kostbare Sockel für seltene Dinge“, Salon Verlag Gerhard Theewen
2023 „ERNTE 23“, Verlag Kettler
2024 Beitrag in der Festschrift „MALKASTEN JETZT“,
Verlag der Buchhandlung Walther und Franz König
lebt und arbeitet in Düsseldorf
„Sämtliche Elemente, die zu den Objekten dieser Wunderkammer komponiert wurden, stammen aus den Sammlungen der Künstlerin.
Sie zitieren Weite und Ferne, die Nähe und das All: als wären es Weltstücke, die an die ursprüngliche Schönheit des blauen Globus erinnern.“
Zitat über Ruth Weber aus dem Buch:
Hanns-Josef Ortheil „Von nahen Dingen und Menschen“, DuMont Buchverlag 2024
Über das Sammeln
(leicht verändert zitiert aus dem Buch: „Kostbare Sockel für seltene Dinge“
2021 Salon Verlag Köln)
Das Inventarisieren und Bezeichnen der Steine, Mineralien, Fossilien und Artefakte ist nach dem Finden dann die Steigerung des Aneignens – als Bereicherung – das Vergleichen und Ordnen der Schätze ist ja die größte Freude.
Jeder Stein ist ein Individuum in Alter, mineralischer Zusammensetzung, Überformung durch äußere Einflüsse – dazu kommt das Aufheben durch den Finder und das Aufladen durch dessen persönliche Geschichte. Was macht das mit mir, wenn ich einen besonderen Stein in Händen halte? Und ihn in ein kleines altes, gläsernes Kästchen mit Goldblech lege, oder einen Sockel eigens für ihn baue...? Hier kommt noch etwas anderes zum enzyklopädischen Anliegen hinzu, so doch das Festhaltenwollen eines Ereignisses oder eines Empfindens. Vielleicht steht der dringende Wunsch, etwas bewahren zu wollen, am Anfang jeder Sammlung.
In meiner Sammlung gibt es tatsächlich eine Art Auslöserstein, ein besonderes Fundstück, meinen Initiationsstein. Im Sommer 1998 war ich mit meinen Schweizer Freunden in den Walliser Alpen. Wir waren zur Binntalhütte aufgestiegen. Während die anderen die Gipfel bestiegen, untersuchte ich die Umgebung der Hütte. Hoch über dem Binntal auf dem Albrunpass sah ich am Fuße einer Felsgruppe etwas blinken. Es war eine kleine, klare Bergkristallnadel in quarzhaltigem Muttergestein. Ich nahm das Stück mit und untersuchte es am Abend in der Hütte genauer, denn da war noch ein anderes Mineral. Ein ziemlich dunkler etwa 2 cm hoher Kristall mit Riefen an den Seiten. Er war bedeckt mit einem lose aufsitzenden, grünlichen Mineral, wohl Chlorit. Als ich diesen entfernte, kam eine relativ dicke Rutilnadel mit roten Adern auf schwarzem Grund zum Vorschein. Ruth findet einen Rutil!
Da wollte ich aus jeder Mineralgruppe, aus jedem Land, von jedem Kontinent kostbare Steine haben. Habe sie auf Mineralmessen gekauft, auch weiterhin selber gefunden, habe gelesen und gelernt und in einer Datenbank erfasst. Alles, was im Boden liegt, zu ergraben ist, fasziniert mich, daher kamen dann auch Fossilien und Artefakte hinzu.
Ich baue mir eine eigene Wunderkammer, hatte ich mir vor Jahrzehnten vorgenommen und die Aneignung, der Edelsteine, Mineralien, Rheingerölle, Fossilien und archäologischen Artefakte zeugt für mich tatsächlich von beiden Motiven: unstillbarer Wissensdurst und durchaus stolze Präsentation von Schönheit, Einzigartigkeit und Kostbarkeit, mit der ich mich natürlich auch selber schmücke und erhebe.
In meiner Sammlung gibt es eine Hierarchie: Schubläden und Kästen für weniger spektakuläre Vergleichsstücke, aber auch Schauvitrinen, die ich mir eigens bauen ließ. Besonders geliebte Stücke stelle ich offen um mich herum auf, um sie jeden Tag betrachten zu können. Die Asiaten setzen seit Jahrhunderten besondere Steine auf Sockel, um sie zu ehren und aus ihnen zu lernen. In sogenannten Gelehrten- oder Philosophensteinen (Suiseki) sehen sie Wasser und Stein, die Elemente des Lebens. Ähnliche Sockel wollte ich auch. Vor Jahren schon zeichnete ich mir einige Entwürfe – Wurzel-, Korallen- oder Felsenähnliches. Danach fertigte ich Sockel aus Ton, ließ sie brennen und kombinierte sie mit einfachen Geröllen oder auch besonderen Kristallen. Andere Sockel suchte ich aus vorhandenen Stücken zusammen, sei es ein altes Glas oder Keramikscherben, ein Stück Treibholz oder ein Fossil. Ich entdeckte, dass einige Mineralien sich sogar selbst als Sockel eigneten, besonders exquisite Kombinationen konnte ich mit dieser Idee verwirklichen, ein geschliffener Edelstein auf einem großen Rheingeröll, ein gefundenes Artefakt auf einer raren Mineralienstufe. Eine regelrechte Inthronisierung der Dinge. Und das Faszinierendste ist, indem ich die Stücke meiner Sammlung kombiniere, entsteht etwas vollkommen Überraschendes, Neues.
An der Kunstakademie erfuhr ich in den unzähligen Gesprächen mit meinem Lehrer Joseph Beuys von Energien und Kräften, die den Materialien innewohnen können. Und gerade auch den kunstfernen. Nicht Gold, Marmor und Bronze, sondern Filz, Kupfer, Fett, Holz und Honig. Alte Pappschachteln, Papierfetzen, Schnur, Konservendosen, abgewetztes Leder, alles konnte als Material in die Kunst eingebracht werden. In Italien lernte ich die Arte povera kennen, diese Künstler arbeiten eben mit armen Materialien, Alltagsgegenständen. Was seit Mitte der 10er Jahre des 20. Jahrhunderts mit Dada in Zürich, Berlin und New York längst zum Gemeinplatz geworden ist. Mit Dada hab ich mich lange beschäftigt. Bewundert habe ich immer Marcel Duchamp, mit seinen simplen, verblüffenden Eingriffen in die Kunst. Zu Beuys stand ich, besonders nach meiner Akademiezeit, sehr ambivalent. Eigentlich hatten wir Studenten in der Akademie unmittelbar nur die theoretische Seite seines Tuns gesehen, Gespräche, Vorträge, Aktionen nahmen überhand, das Sinnliche/Materialhafte der Kunst blieb in den unendlichen Diskussionen auf der Strecke. Allerdings ist es bei Beuys mehr als aufgehoben. Kristallin und organisch, dieses Antonym hängt mir noch in den Ohren. Heute kombiniere ich in meiner Arbeit beides im Wortsinn. Und so habe ich mehr mit Joseph Beuys zu tun als gedacht.
Bei uns präsentiert 2024 in der Ausstellung “Farbe & Ding”
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